Montag, 20. November 2006

Necla Kelek

Was ich noch nachtragen wollte:
Am Donnerstag war auf dem Campus Duisburg meiner Uni bei einem Vortrag von Necla Kelek im Rahmen der Mercator-Professur. Der Vortrag gliedert sich in zwei einzelne Vorlesungen, von denen die zweite am 18.Januar in Essen stattfindet.
Thema der beiden Vorträge sind die Kernpunkte von Necla Keleks Forschung: "Islam, Religion und Politik. Eine Religion als politische Bewegung" bzw. am 18.01. "Islam, Religion und Reform. Anmerkungen zur Integration einer Religion in die Demokratie". Nachdem ich zwei ihrer Bücher (Islam im Alltag und Die fremde Braut) gelesen habe, hat mich die Vortragsreihe stark interessiert und so waren wir am Donnerstag auch da. Vorweg sollte man vielleicht sagen, dass Necla Kelek nicht unumstritten ist, wie sich ja auch in dem Wikipediaeintrag erkennen lässt. Trotzdem aber, finde ich viele ihrer Ansätze durchaus nachdenkenswert. Einige der Forscher, die die Petition gegen sie nach der Veröffentlichung von "Die fremde Braut" unterschrieben haben, lehren bei uns und ich kenne sie aus diversen Veranstaltungen. Die Kontroverse um Keleks Thesen sprengt mit schöner Regelmäßigkeit diverse Seminare. ;-)
Vieles von dem, was Necla Kelek schreibt erscheint zunächst sehr krass und skizziert ein Bild der türkischen Community, dass gänzlich fremd erscheint. Trotzdem aber bieten viele ihrer Ansätze Erklärungen für Phänomene, die nicht von der Hand zu weisen sind. Uns, als deutschen, fällt es immer sehr schwer den Islam zu kritisieren oder Bräuche und Sitten der Migranten zu hinterfragen. Wir akzeptieren eher, dass eine Schülerin plötzlich Kopftuch trägt, sich vom Schwimmunterricht abmeldet und nicht mit auf die Klassenfahrt fährt, als dass wir diesen Mechanismen kritisch hinterfragen. Zu sehr erscheint dies ein Eingriff in die Privatsphäre der Familie zu sein. Wer will schon die andere Kultur abwerten und schlecht machen? Wenn es um Terror, Ehrenmorde und sonstige Verbrechen geht, sind wir nur allzu gern bereit den Mund aufzumachen und Fragen zu stellen und zu kritisieren. Wenn es aber um die alltäglichen Problematiken im Zusammenhang mit Religion und Bräuchen geht tun wir uns schwer. Mein Vater (er ist Schulleiter) schrieb einen offenen Brief an die muslimischen Eltern seiner Schüler, mit der Bitte den Schülern während der Schulzeit zu erlauben den Ramadan auszusetzen, da das Fasten (das ja auch das Trinken mit ein bezieht) die Leistungen signifikant beeinflusst und das Aggressionspotential steigert. Insbesondere, wenn, wie in vielen Fällen "falsch" gefastet wird (d.h. sich nach Sonnenuntergang den Bauch so voll schlagen, dass man nicht schlafen kann, um dann noch mal kurz vor Sonnenaufgang sehr fettige und schwere Speisen zu essen, die wie ein Stein im Magen liegen). Der Brief war freundlich und sachlich und beinhaltete die Bitte (sic!), keine Mahnungen o,.ä.. Eine Woche später erhielt er einen Brief des Zentralrats der Muslime in Deutschland, in dem ihm u.a. islamfeindliche Tendenzen unterstellt wurden und er nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Religion schließlich Privatsache sei. Komisch, nicht?
Wir hinterfragen, analysieren und kritisieren unsere eigenen Religion bis ins Detail, scheuen uns aber davor eine "fremde" Religion zu hinterfragen und ihre Bräuche und Sitten zu kritisieren. Faktisch sind Mann und Frau in Deutschland gleich, trotzdem akzeptieren wir die Ungleichheit von muslimischen Jungen und Mädchen mit dem Argument der unterschiedliche Kultur. Machen wir uns da nicht selbst etwas vor? Aus Angst in die falsche Ecke geschoben zu werden, akzeptieren und tolerieren wir Dinge, die eigentlich nicht zu rechtfertigen sind.
Sicherlich bleibt zu fragen, ob Necla Keleks Thesen wirklich in der Drastik zutreffen, in der sie sie schildert. Es gibt selbstverständlich auch einen hohen Anateil an nahezu perfekt integreireten Türken, der Unterschiedlichkeit tatsächlich eine Bereicherung für unsere Gesellschaft ist. Aber, es gibt sie eben auch, die Migranten, die in immer noch sehr patriarchalischen, tradierten Rollenmustern leben, die Mädchen, die in jungen Jahren in arrangierten Ehen verheiratet werden und die Jungen, die die Ehre ihrer Familie bis aufs Blut verteidigen. Nur, weil dies unserer eigenen Lebenswelt vielleicht ferner sein mag, weil wir vielleicht mehr Beispiele für positive Integration kennen, heißt dies nicht, dass das Phänomen nicht existiert. So sehr ich meine muslimischen KommilitonInnen verstehe, die bei der Erwähnung des Namens "Kelek" in die Luft gehen, so sehr muss ich ihnen auch unterstellen nicht kritisch genug mit ihrer eigenen Kultur umzugehen. Vielleicht täte es ihnen gut, sich aus den kreisen der akademisch gebildeten Migranten hinaus zu bewegen, hin zu jenen, die in den Ghettos wohnen und unsere Hauptschulen besuchen. Da würde man dann feststellen, dass es sie eben doch gibt, die Verlierer der Migration.

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